Es war knapp, aber die Zeit hat gerade noch gereicht: Rechtzeitig zur Frankfurter Buchmesse wurde das Buch "Liebe:Sophie Briefe aus dem Lockdown über Schellings Freiheitsabhandlung" fertig. Auf der Messe wurde es vorgestellt. Das von der Universitätsgesellschaft geförderte Buch entstand im Sommersemester des vergangenen Jahres während des ersten Lockdowns am Institut für Philosophie der Universität Osnabrück. Dozent Dr. Sven Jürgensen entschied sich damals, als die Lehre kurzfristig von Präsenz- auf Onlineveranstaltungen umgestellt werden mussten, einen anderen Weg zu gehen: Er scrieb 12 Briefe an die Studierenden, die er per E-Mail verschickte.
"Ich wusste damals noch nicht, dass ich schon dabei war, die Grundlage für ein Buch zu schreiben. Erst die warmherzige Reaktion einer Studentin ermutigte mich, an den Passagen-Verlag heranzutreten, der das Projekt sehr bereitwillig in sein Programm aufnahm. Während ein Virus unsere Freiheit bedrohte, schickte ich also in Osnabrück Briefe über die Freiheit nämlich über Schellings berühmte Freiheitsabhandlung, an einen Adressatenkreis, den ich auf diese Weise mit diesem bedeutenden Text bekannt machen wollte. So ist ein Text der Erinnerung aber auch ein Text der Hoffnung entstanden."
Die Briefe sind in einer überarbeiteten Fassung erschienen. "Die Essays Der wahre Zeuge über Jorge Sempruns Erzählung Der Tote mit meinem Namen und Das Denken des Verlassenen über Martin Heideggers Schelling-Vorlesung hatte ich im Sommer 2020 nur skizziert", sagt Jürgensen. Sie sollen aus der Mitte heraus eine produktive Spennung erzeugen, indem sie auf zwei Rezeptionen und Sichtweisen hinweisen, die einander inkompatibel gegenüberstehen, die aber doch dazu beitragen, die Relevanz der Freiheitsabhandlung auch für gegenwärtige Leser:innen zu verdeutlichen. Dass das Buch in Osnabrück entstanden ist, wird auch dadurch deutlich, dass in dem Essay über Sempruns Erzählung Felix Nussbaums Gemälde "Kauernder Gefangener", das er 1940 gemalt hat, erwähnt wird.
Die deutsch-amerikanische Künstlerin Maria Bussmann hat sich unter die Adressaten gemischt und die Briefe mit ihren Zeichnungen kommentiert. Sie, die sich immer wieder zeichnend Wege zwischen die Zeilen philosophischer Texte sucht, hat sich durch die Freiheitsabhandlung und die Briefe "Liebe:Sophie" den Stoff anverwandelt und die Lektüre in ein eigenes Licht gestellt, so dass auch durch ihre Zeichnungen die Corona-Pandiemie
ihren Weg in die Auseinandersetzung mit Schelling gefunden hat. Auf diese Weise ist eine Wechselbeziehung in einem Dreieck entstanden: Die Pandemie hat die Briefe "Liebe:Sophie" über Schellings Freiheitsanhandlung ausgelöst, deren Maria Bussmann ihre Zeichungen an die Seite gestellt und sich mit ihrem Stift zur Ko-Autorin gemacht hat.
Dr. Sven Jürgensen lehrt Philosophie an der Universität Osnabrück und ist Pressesprecher der Stadt Osnabrück.
Dr. Maria Bussmann ist Künstlerin und Dozentin an der Universität für angewandte Künste Wien. Sieb lebt in Wien und New York.