Nutzung von KI für universitäre Schreibaufgaben

Generative KI bezeichnet KI, die in der Lage ist, Texte, Bilder, Videos, musikalische Werke oder andere Daten auf Grundlage generativer Modelle, etwa großer Sprachmodelle, zu erzeugen. Diese Modelle erlernen die wiederkehrenden Muster der eingegebenen Trainingsdaten und erzeugen dann neue Daten mit ähnlichen Merkmalen – beispielsweise einen Essay über ein bestimmtes Thema.

Die Frage „Darf ich generative KI für mein universitäres Schreibprojekt verwenden?“ können wir leider nicht pauschal beantworten. Zunächst einmal gibt es  rechtliche Bestimmungen1 , die ganz grundsätzlich berücksichtigt werden müssen. Sofern deine Nutzungsabsicht diesen Regelungen nicht widerspricht, kommen institutionelle Regeln zum Tragen, beispielsweise Prüfungsordnungen. Da das Studium dem Erwerb fachlicher und wissenschaftlicher Kompetenzen dient, spielen auch didaktische Überlegungen eine Rolle. Hier liegt die Entscheidung bei den betreuenden Lehrenden – sofern die o. g. Regelungen berücksichtigt werden.2 Letztendlich solltest du dir aber auch selbst Gedanken darüber machen, ob die Verwendung sinnvoll und zielgerecht ist.

1 Umfassend Horn, Rechtliche Aspekte des Einsatzes von KI in Studium, Lehre und Prüfung, 2023; speziell zum Urheberrecht von Welser, GRUR-Prax 2023, 57.

2 Diese beinhalten auch, dass eine Nutzung von generativer KI, die diesen Regelungen widerspricht, nicht eingefordert werden darf.

Flussdiagramm zur Entscheidung für KI-Tools

Generative KI wird dich höchstwahrscheinlich über die Dauer deines Studiums hinaus beschäftigen. Die Entscheidung, ob und inwieweit du sie einsetzt, liegt dann möglicherweise allein bei dir. Doch bereits im Studium kann es sein, dass Lehrende die Entscheidung bei den Studierenden lassen. Daher gehen wir bei den folgenden Handlungsempfehlungen davon aus, dass die Frage: "Darf ich generative KI für diese Schreibaufgabe benutzen?" mit einem "ja" beantwortet wurde. Doch auch wenn die Nutzung von KI grundsätzlich in allen Arbeitsschritten erlaubt ist, gelten die Standards guter wissenschaftlicher Praxis. Diese beinhalten u. a. das Gebot, die Nutzung bestimmter Hilfsmittel transparent zu kommunizieren und nachvollziehbar zu dokumentieren, etwa im Rahmen einer Eigenständigkeitserklärung oder einer Auflistung benutzter Tools. Weitere Informationen zu Eigenständigkeit im Zusammenhang mit KI erhältst du in den  Handlungsempfehlungen zum Umgang mit KI-basierten Anwendungen vom Zentrum für Digitale Lehre, Campus-Management und Hochschuldidaktik (virtUOS).

2.1 Lerne die Funktionen, aber auch Grenzen und Risiken der Nutzung des KI-Tools kennen

Vor dem Einsatz eines KI Tools solltest du dich intensiv mit seinen Funktionen, Grenzen und den Risiken der Nutzung beschäftigen. Wir haben hierzu einige Fragen zusammengestellt, an denen du dich dabei orientieren solltest:

  • Wie funktioniert das Tool grundsätzlich?

  • Welche ethischen Fragen wirft die Nutzung auf?

  • Wie verlässlich sind die von der KI präsentierten Informationen?

  • Ist der generierte Output neutral und objektiv oder reproduziert er Verzerrungen bzw. Vorurteile?

  • Wie kannst du die Nutzung des Tools für deine Zwecke optimieren?

  • Ist das Ergebnis für deine Zwecke geeignet und passt es in den Kontext der Schreibaufgabe?

  • Verhindert die Nutzung des KI-Tools, dass ich wichtige Kompetenzen erwerbe oder einübe?

Es müssen also einige Voraussetzungen erfüllt sein, bevor du dich überhaupt für oder gegen die Nutzung von generativer KI beim Schreiben entscheiden kannst. Aber keine Sorge: Es gibt zahlreiche Angebote, die dir dabei helfen, die Grundkompetenzen zu erwerben, beispielsweise das von virtUOS entwickelte Mikromodul „ Willkommen im KI-Dschungel“. Weitere Unterstützungsangebote haben wir am Ende dieses Dokumentes aufgelistet.

Übrigens: Mit  KIWI steht Studierenden der Universität Osnabrück ein datenschutzkonformer Zugang zu den GPT-Sprachmodellen von OpenAI zur Verfügung. Zugänge zu weiteren Tools sind in Planung.

2.2 Nutze das Tool zielgerecht

Überlege dir, was du mit der Nutzung des KI-Tools erreichen möchtest. Je nachdem, in welcher Phase des Schreibprozesses du dich befindest, kannst du generative KI auf verschiedene Weise nutzen. Die Qualität der Ergebnisse hängt dabei maßgeblich von deiner Eingabe ab, den sogenannten Prompts. Je präziser du den Prompt formulierst, desto passgenauer ist auch die Antwort des Chatbots. Im Online-Kurs des KI Campus „ Sprachassistenzen als Chance für die Hochschullehre“ raten die Autor:innen, sich vor der Eingabe Gedanken über folgende Parameter zu machen:

Rolle: Welche Rolle soll das KI-Sprachwerkzeug einnehmen? Die Rolle einer Masterstudierenden des Studiengangs „Sportwissenschaften“? Oder die Rolle einer Doktorandin der Chemie? Je genauer die Rolle beschrieben wird, desto genauere Ausgaben erhält man.

Adressat*innen: Wer sind die Adressat*innen des Textes, der ausgegeben wird? Man selbst als Slavistik-Studierender? Oder eine Zweitklässlerin, der das Thema in ganz einfachen Worten erklärt werden soll? Die Dozentin, die selbst Doktorandin am Lehrstuhl ist? Oder eine interessierte Öffentlichkeit?

Stil: In welchem Stil soll die Ausgabe verfasst sein? Nüchtern, wissenschaftlich, formell? Oder aufmerksamkeitsheischend, aufgeregt, fröhlich? Auch hier kann einfach ausprobiert werden – am Ende erhält man möglicherweise durch eine Ausgabe im Stil eines Sales-Pitch die besten Inspirationen für eine Hausarbeit zum Seminar über Franz Kafkas Romane.

Kontext: In welchem Kontext steht die Arbeit, für die mittels KI-Sprachwerkzeugen Inspiration gesucht wird? Wie lautet die Anweisung der Dozierenden? Wie viel Zeit steht für die Bearbeitung zur Verfügung?

In der Tabelle unten haben wir einige Möglichkeiten für die Nutzung von KI in verschiedenen Phasen des Schreibprozesses aufgelistet. Wichtig dabei ist, dass die KI dich beim Erwerb von Fach- und Schreibkompetenzen unterstützt, diesen aber nicht ersetzt. Das Schreiben (ohne KI) spielt hierbei eine große Rolle, es ist „Medium zur Wissensaneignung, zum Reflektieren, zum Denken und Lernen“ (Grieshammer et al., 2013, S. 15). Wir empfehlen daher, die Nutzung von KI mit eigenen Schreibarbeiten zu kombinieren, beispielsweise ein fokussiertes Freewriting4  im Anschluss an einen Chat zur Themeneingrenzung oder die Erstellung einer Mindmap auf Grundlage eines KI-generierten Gliederungsvorschlags. Weitere Vorschläge findest du in der Studierendenhandreichung „ KI-gestützte Schreibstrategien“ der Goethe-Universität Frankfurt a.M.

Schreibphase Unterstützung durch KI:
Orientieren und Planen Themenvorschläge generieren, Hypothesen aufstellen, Fragestellung formulieren und eingrenzen
Auswerten und Strukturieren Gliederung erstellen, Daten zusammenfassen, Ergebnisse darstellen, Informationen sortieren
Rohfassung schreiben Text strukturieren, Kohärenz herstellen, Stichpunkte fließend formulieren, Zitate einbetten,
Überarbeiten Sprachstil (bspw. Fachvokabular, Wiederholungen, Überleitungen) überprüfen, Inhaltliche Kohärenz prüfen, Textstruktur optimieren
Korrigieren Rechtschreibung korrigieren, Zitation vereinheitlichen, Grammatik überprüfen

4 Beim Freewriting schreibst du in kurzer Zeit (z. B. 5 bis 15 Minuten) ohne Rücksicht auf Grammatik oder Rechtschreibung. Beim fokussierten Freewriting richtest du dich nach einer Zielsetzung oder Fragestellung und konzentrierst dich auf ein bestimmtes Thema. In beiden Fällen schreibst du ohne Korrekturen oder Pausen. Wenn dir nichts einfällt, wiederhole: "Was noch?" bis neue Gedanken kommen.

Je nachdem in welcher Phase des Schreibprozesses du dich befindest, kann ein anderes (KI-basiertes) Tool für deine Zwecke besser geeignet sein. KI-Chatbots eilt der Ruf voraus, alles zu können. Es gibt jedoch weitere spezialisierte Tools, die in ihren Spezialaufgaben besser sind. Eine hilfreiche Zusammenstellung relevanter Tools und weiterführende Links findest du auf der von virtUOS bereit gestellten  Übersichtsseite. Auch für diese Tools gelten die o. g. Einschränkungen und Hinweise und ihre Nutzung ist im Zweifelsfall abzuklären.

2.3 Übernehme Verantwortung für deinen Text

Egal zu welchen Zwecken du KI-Tools im Schreibprozess nutzt, dein Text bleibt dein Text. Grundsätzlich sollte der Text deine Argumente, Analysen oder Interpretationen repräsentieren und in deiner (akademischen) Stimme sprechen. Sollte der Text durch die Nutzung von KI-Tools verursachte Fehler erhalten, liegt die Verantwortung dafür bei dir. Dazu gehört auch, dass du die Nutzung von KI-Tools entsprechend der Vorgaben deiner/s Betreuer*in transparent dokumentierst. Informiere dich möglichst schon vor Beginn des Schreibprojektes darüber. Dies gilt insbesondere dann, wenn du KI-generierten Text in deinen eigenen Text integrierst.

Die  Schreibwerkstatt der Universität Osnabrück bietet regelmäßig Workshops rund um die Themen akademisches Schreiben und Einsatz von KI an. In den Workshops geht es vor allem um die Vermittlung von Kompetenzen zum Einsatz von KI im Schreibprozess. Informationen zum Workshopangebot der Schreibwerkstatt findest du auf  unserer Webseite.

Darüber hinaus unterstützt die Schreibwerkstatt mit verschiedenen Beratungsangeboten. Neben einer offenen Sprechstunde im Studierendenzentrum können persönliche Beratungstermine mit unserem Team und den Peer-Schreibtutor*innen der Schreibwerkstatt  Deutsch,  Englisch und  Jura vereinbart werden. Während einer Schreibberatung kannst du auch Fragen zum Umgang mit KI-Tools stellen.

Derzeit in Planung ist eine ausführliche Handlungsempfehlung für Studierende, die demnächst über die Webseite der Schreibwerkstatt veröffentlicht wird.

In dem von virtuOS entwickelte Mikromodul mit dem Titel „ Willkommen im KI-Dschungel“ kannst du dir eigenständig Kompetenzen für den Umgang mit KI-Tools aneignen. In diesem Mikromodul lernst du, potenzielle Risiken für dein wissenschaftliches Arbeiten im Umgang mit KI zu minimieren und Kompetenzen für einen sicheren Umgang mit KI-Tools zu erwerben.

Neben der Schreibwerkstatt bietet auch das  Digitale-Lehre-Portal der Universität hilfreiche Angebote zum Umgang mit KI. Das Portal fokussiert zwar primär den Einsatz in der Lehre, bietet aber mit der KI-Tool Übersicht eine für alle Nutzergruppen angepasste  Übersichtsseite. Auf dieser werden verschiedene generative KI-Tools vorgestellt und beschrieben, sodass man eine informierte Auswahl treffen kann.

Ausführliche Informationen und Einschätzungen zur aktuellen Gesetzeslage und zu den Themen Eigenständigkeit, Sorgfalt und Transparenz im Zusammenhang mit dem Gebrauch von KI im Studium findest du in den  Handlungsempfehlungen zum Umgang mit KI-basierten Anwendungen des virtUOS.

Ein weiteres erwähnenswertes Unterstützungsangebot ist der  KI-Campus. Hier findest du Anleitungsvideos, Podcasts und einen Blog zum Umgang mit KI und KI-Tools. Überdies bietet der KI-Campus auch  Kurse an, in denen du weitere Kompetenzen zum Umgang mit KI erlernen kannst. Besonders erwähnenswert ist der Kurs „ Sprachassistenzen als Chance für die Hochschullehre“, der ein Modul „Einsatz von KI-Sprachwerkzeugen beim wissenschaftlichen Schreiben“ enthält.

Grieshammer, E., Liebetanz, F., Peters, N. & Zegenhagen, J. (2013). Zukunftsmodell Schreibberatung: Eine Anleitung zur Begleitung von Schreibenden im Studium (2., korr. Aufl.). Schneider, Hohengehren.

Horn, J. (2023).  Rechtliche Aspekte des Einsatzes von KI in Studium, Lehre und Prüfung. Stiftung Innovation in der Hochschullehre.

KI-Campus. (2024, 15. April).  Kurs: Sprachassistenzen als Chance für die Hochschullehre | KI-Campus.

Long, D. & Magerko, B. (2020).  What is AI Literacy? Competencies and Design Considerations. In R. Bernhaupt (Hrsg.), ACM Conferences, Proceedings of the 2020 CHI Conference on Human Factors in Computing Systems (S. 1–16). Association for Computing Machinery.