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Sprache und Geschlecht
Für Eilige: Geschlechtergerechter Sprachgebrauch kurz und bündig
Inhalt dieser Seite
- Warum gendersensibel sprechen? - Der Einfluss von Sprache
- Ein Thema gewinnt an Relevanz: Duden & Gendern
- Ansprechende Sprache
- Streitpunkt "generisches" Maskulinum
- Wie formuliere ich geschlechtergerecht? - Gendersensible Sprache
- Geschlechtergerechter & inklusiver Sprachgebrauch
- Ansprechperson für gendersensiblen Sprachgebrauch
- Verweise und Literaturangaben
Warum gendersensibel sprechen? - Der Einfluss von Sprache
"Tatsächlich üben Worte eine typisch magische Macht aus: sie machen sehen, sie machen glauben, sie machen handeln." (Pierre Bourdieu)
Viele Menschen fragen sich, inwiefern die Themenfelder Geschlechtergerechtigkeit und Sprachgebrauch zueinander in Beziehung stehen. Das vorausgegangene Zitat von Pierre Bourdieu liefert, wenn auch äußerst verkürzt, eine Antwort auf diese Frage:
Sprache beeinflusst unser Denken, Fühlen und Handeln.
Darüber hinaus bildet Sprache Gesellschaft und deren jeweilige Struktur ab. Sprache ist ebenso wie Gesellschaft wandelbar. So wie gesellschaftliche Strukturen auf den Sprachgebrauch einwirken, kann auch der Sprachgebrauch auf gesellschaftliche Strukturen Einfluss nehmen. Sprache ist demzufolge nicht nur ein Abbild der Wirklichkeit, sie schafft/verändert Wirklichkeit. (vgl. Epstein 2000; Reiss 2010; Trömel-Plötz 2000).
FINTA*[1] sind in der bundesdeutschen Gesellschaft nach wie vor strukturell benachteiligt. So verdienen beispielsweise Frauen* durchschnittlich weniger und haben bedeutend seltener Führungspositionen inne (vgl. Statistisches Bundesamt 2021a[2]; Statistisches Bundesamt 2020[3]).
Sprache ist nur ein Aspekt, in dem diese Realität und damit auch die ursächliche strukturelle Diskriminierung abgebildet wird.
Da unser Sprachgebrauch auf unsere Umwelt/Gesellschaft zurückwirkt, kann geschlechtersensible Sprache folglich nicht nur dazu beitragen, dass sich mehr Menschen angesprochen fühlen, sondern sich zudem positiv auf gesamtgesellschaftliche Diskriminierungsstrukturen auswirken.
Wenn wir von Professor*innen sprächen, besetzten dann womöglich mehr FINTA* Professuren? Und wenn wir von Krankenpfleger*innen oder Pflegepersonal sprächen, wären jene Berufe dann weniger weiblich* stereotypisiert?
[1] Die Abkürzung FINTA* umfasst Frauen*, intersexuelle Personen, nicht-binäre Personen, Trans-Personen, ageschlechtliche Personen sowie Menschen, die sich einem anderen Geschlecht zugehörig fühlen.
Ein Thema gewinnt an Relevanz: Duden & Gendern
Die erste Fassung dieser Homepage-Seite beinhaltete an dieser Stelle ein Negativbeispiel. Noch 2017 bedeuten Chefsekretär und Chefsekretärin nämlich, laut Duden, keinesfalls dasselbe. Ein Chefsekretär war laut Duden ein „Leitender Funktionär einer Organisation“, eine Chefsekretärin hingegen die „Sekretärin des Chefs“. Sprache bildet Realität ab: In diesem Fall die Diskriminierung von Frauen* auf dem Erwerbsarbeitsmarkt. Zusätzlich wird, bezugnehmend auf die zuvor angeführte Studie, suggeriert, dass es sich beim Chefsekretär um eine rein männliche Position handelt, was unter Umständen zur Folge haben kann, dass FINTA* sich nicht zutrauen, solch eine berufliche Position zu erreichen. Und nicht obwohl, sondern gerade weil es deutlich mehr Chefsekretäre als Chefsekretär*innen (im Sinne der leitenden Tätigkeit) gibt, ist es unerlässlich, für die unterrepräsentierten Personengruppe ein sprachliches Äquivalent zu schaffen, damit wenn FINTA* Chefsekretär*innen sind, sie auch lexikalisch als solche benannt werden können.
Im Jahr 2021 sind die Definitionen sowohl für den Chefsekretär [„1. Leitender Funktionär einer Organisation; 2. Sekretär des Chefs oder der Chefin (Gebrauch: selten)“[1]] als auch die Chefsekretärin [„Sekretärin des Chefs oder der Chefin; 2. Leitende Funktionärin einer Organisation (Gebrauch: selten)“[2]] zwar angepasst, das heißt sie meinen nun semantisch jeweils dasselbe, nichts desto trotz bilden die Anmerkungen des Dudens hinsichtlich der Häufigkeit ihrer Nutzung sowie die Reihenfolge ihrer Auflistung weiterhin die vorherrschende Realität auf dem Erwerbsarbeitsmarkt ab: Männer bekleiden häufiger die Position Chefsekretär*in als FINTA*. Die Schaffung eines sprachlichen Äquivalents kann jedoch, gemäß der weiter oben fixierten Logik, langfristig auch die Veränderung dieses diskriminierenden Zustands positiv begünstigen. Wofür die sprachliche Erweiterung jedoch definitiv Sinnbild ist, ist die Notwendigkeit und Relevanz sowie die Aktualität des Themas „Sprache und Geschlecht“.
Nicht unerwähnt bleiben darf allerdings, dass Veränderungen und Anpassungen, die gegenwärtig von vielen Institutionen (wie bspw. dem Duden) und Organisationen vorgenommen werden, um einen geschlechtersensibleren Sprachgebrauch zu etablieren, in vielerlei Fällen nur die binären Geschlechter (weiblich*/männlich*) berücksichtigen. Hier setzt, berechtigterweise, Kritik an.
Spätestens seit dem Ende 2018 in Kraft getretenen „Gesetz zur Änderung der in das Geburtenregister einzutragenden Angaben“, welches den dritten positiven Geschlechtsvorschlag gesetzlich festschreibt, herrscht auch die rechtliche Gewissheit, dass Geschlecht wesentlich vielfältiger ist, als es die nach wie vor dominante Vorstellung einer binären Geschlechterordnung suggeriert.
Die nachfolgenden Praxisbeispiele und Empfehlungen stellen nicht die grammatikalische Korrektheit, sondern eher die zwischenmenschliche Notwendigkeit, einen Sprachgebrauch zu etablieren, bei dem sich alle Menschen angesprochen und repräsentiert fühlen, in den Vordergrund.
Ansprechende Sprache
Sprache ist eines unserer wichtigsten Ausdrucks- und Kommunikationsmittel. Je nachdem, wie wir sprechen, erreichen wir Menschen unterschiedlich gut. Möchten wir zum Beispiel im Urlaub einen Kaffee bestellen, nutzen wir die jeweilige Landessprache oder zumindest eine Sprache, von der wir denken, dass unser Gegenüber sie versteht. Aber auch ohne den Wechsel in eine andere Sprache entscheiden wir uns täglich für bestimmte Sprachstile und das jeweils abhängig davon, in welchem Kontext wir an Personen herantreten. Wenn wir eine uns vorgesetzte Person ansprechen, wählen wir in der Regel andere Worte als im Umgang mit eng befreundeten Menschen.
Unsere Sprache verrät dabei immer auch etwas darüber, wie wir die Welt sehen. Äußerungen, die wir machen, können nicht nur unsere eigene Realität verändern, sie tragen darüber hinaus auch unsere Vorstellungen von der Welt nach außen und beeinflussen damit andere Menschen oder regen sie zum Nachdenken an.
Deshalb ist es sinnvoll, sich selbst zu fragen:
1) Wen will ich erreichen?
2) Führen die Worte, die ich verwende, dazu, dass sich diese Person tatsächlich (und auf angemessene Weise) angesprochen fühlt?
Streitpunkt "generisches" Maskulinum
Der Verwendung des sogenannten „generischen“ Maskulinums liegt die Theorie zugrunde, das maskuline Personenbezeichnungen potenziell zwei Funktionen haben können:
1) Sie beziehen sich auf ausschließlich männliche* Personen.
2) Sie beziehen sich auf sowohl männliche Personen als auch FINTA* .
Überblick: Generisches Maskulinum
Beispiel: "Die Professoren der Universität sind mit ihren Partnern herzlich zur Veranstaltung eingeladen!“
Kritik:
• Hier können entweder ausschließlich männliche* Professoren und männliche* Partner gemeint sein oder aber – in „generischer“ Funktion – Personen unabhängig ihres Geschlechts
• FINTA* bleiben unsichtbar
Die Problematik hierbei liegt darin, dass beide unterschiedlichen Funktionen in der gleichen äußeren Form auftauchen (hier: Professoren und Partner) und damit von außen nicht unterschieden werden können. Theoretisch sind zwar eventuell geschlechtsunabhängig alle Personen mit gemeint, Forschungen zeigen uns aber, dass das praktisch nicht funktioniert. Dass mit den maskulinen Formen auch FINTA* adressiert werden sollen, ist beispielsweise Kindern nicht bewusst: Eine Studie belegt, dass Grundschulkinder, die eine maskuline Formulierung hören, sich nur Männer* vorstellen (vgl. Switzer 1990). Für sie würde der oben genannte Beispielsatz dann bedeuten, dass alle Männer*, die Professoren sind und einen Mann* zum Partner haben, eingeladen sind. Nun könnte man denken, wir erlernten erst im späteren Verlauf unseres Heranwachsens die generische Funktion der Bezeichnungen, in der auch FINTA* mitgemeint sein sollen, wenn die maskuline Form gebraucht wird.
Aber fühlen sich die Mitgemeinten im Erwachsenenalter tatsächlich konsequent durch das generische Maskulinum angesprochen und denken wir sie überhaupt wirklich mit? Verschiedene Studien (vgl. Heise 2000; Stahlberg/Sczesny 2001) zeigen, dass wenige Frauen* und noch weniger Männer* an eine weibliche* Person denken, wenn sie beispielsweise nach dem Lieblingssportler anhand einer maskulinen Personenbezeichnung gefragt werden.
Die Verwendung „generisch“ maskuliner Formulierungen führt also nicht dazu, dass sich alle Menschen gleichermaßen angesprochen fühlen bzw. alle Menschen wirklich mitgedacht werden. Außerdem werden dabei Menschen, die sich weder als Mann* noch als Frau* verstehen, gedanklich oftmals ausgeschlossen.
Nichtsdestotrotz wird das „generische“ Maskulinum noch immer offiziell als grammatikalisch korrekt angesehen und beispielsweise durch den Duden vertreten.[1] In den letzten Jahren ist jedoch das Bewusstsein gewachsen, dass wenn wir möglichst viele Menschen mit unseren Worten erreichen möchten, es wichtig ist, die eigenen sprachlichen Gewohnheiten zu hinterfragen und sich an neue Formulierungen heranzuwagen, die eine geschlechtersensible Sprache widerspiegeln (Ein Thema gewinnt an Relevanz oder DUDEN&GENDER).
Ein Szenarium zum Nachdenken:
"Ein Vater fährt mit seinem Sohn im Auto. Sie verunglücken. Der Vater stirbt an der Unfallstelle. Der Sohn wird schwer verletzt ins Krankenhaus eingeliefert und muss operiert werden. Ein Chirurg eilt in den OP, tritt an den Operationstisch heran, auf dem der Junge liegt, wird kreidebleich und sagt: 'Ich bin nicht dazu imstande zu operieren. Dies ist mein Sohn.'"
Was denken Sie, wenn Sie die Geschichte gelesen haben? Sind Sie irritiert? Wie sieht der Mensch aus, den Sie beim Wort Chirurg spontan im Kopf haben? Und welches Geschlecht hat die Person?
Wie die meisten Menschen haben Sie vermutlich zuerst an einen Mann* im weißen Kittel gedacht. Sie denken dann vermeintlich an den (verstorbenen) Vater und sind irritiert. Oftmals wird dann geschlussfolgert, dass es sich um ein homosexuelles Elternpaar gehandelt haben könnte, sodass der Sohn einen zweiten Vater hat, der nun am OP-Tisch steht. In generischer Funktion der Bezeichnung Chirurg kann es sich – soweit die Theorie – aber ebenfalls um die Mutter des Kindes oder um ein Elternteil handeln, dass sich in keiner der beiden geschlechtsbezogenen Kategorien verorten möchte oder kann. Dieses Beispiel zeigt, dass das generische Maskulinum nun eben nicht das hält, was es in der Theorie verspricht: Es wird nicht als geschlechtsneutral wahrgenommen und ist damit auch keine adäquate Form, um alle Menschen anzusprechen oder einzubeziehen.
Wie formuliere ich geschlechtergerecht? - Gendersensible Sprache
Um den Zugang zu der Vielzahl an Möglichkeiten geschlechtersensiblen Formulierens zu erleichtern, sind im Folgenden einige mittlerweile übliche, praktikable und einfach umsetzbare Varianten zusammengestellt. Außerdem finden auch Kritikpunkte und weitere sprachliche Stolperfallen im Zusammenhang mit dem Thema Geschlecht Beachtung.
Möglichkeiten des gendersensiblen Formulierens
- Sichtbarmachen aller Geschlechtsidentitäten
- Geschlechtsneuterale Formulierungen
- Alternativen zu weiteren sprachlichen Geschlechterfestschreibungen
- Berufsbezeichnungen
- Die abstrakte Nutzung von Personenbezeichnungen
- Geschlechtersensible Sprache in wissenschaftlichen Arbeiten und akademischen Amtsbezeichnungen
- Geschlechtersensible Sprache in Hausarbeiten
- Geschlechtsneutrale Stellenauschreibungen
- Geschlechtersensible Sprache in englischen Texten
Sichtbarmachen aller Geschlechtsidentitäten
Die Möglichkeit, alle Menschen geschlechtsunabhängig sichtbar zu machen, gibt es beispielsweise mit den sprachlichen Varianten des Gender-Gap, des Gender-Sternchens (auch Gender-Star genannt) oder des, aktuell häufiger auftretenden, Gender-Doppelpunkts. Diese entspringen der Idee, (sprachlichen) Raum zu schaffen, für Personen, die sich einem anderem als den binären Geschlechtern oder gar keinem Geschlecht zugehörig fühlen.
Das Gendersternchen wird gegenwärtig wohl am häufigsten genutzt, wenn auf gendersensible Sprache wertgelegt wird. In den vergangenen Monaten tritt allerdings auch vermehrt (insbesondere in den Medien) der Gender-Doppelpunkt auf. Dieser wird vor allem im Zusammenhang mit der Barrierefreiheit geschlechtersensibler Sprache diskutiert (siehe Abschnitt Geschlechtergerechter und inklusiver Sprachgebrauch)
Die Überwachungsstelle des Bundes für Barrierefreiheit in der Informationstechnik (BFIT-Bund) spricht auf Grundlage einer Studie, bei der sowohl Zielgruppenmitglieder als auch Selbstvertretungen befragt wurden, die Empfehlung aus, das Gender-Sternchen (den Gender-Star) zu nutzen. Link zur Studie der Überwachungsstelle des Bundes für Barrierefreiheit in der Informationstechnik
Überblick: Sichtbarmachen aller Geschlechtsidentitäten
Überblick: Sichtbarmachen aller Geschlechtsidentitäten
• Gender-Gap: "Die Autor_innen der Studie sind ebenfalls zur Veranstaltung eingeladen.“
• Gender-Sternchen: "Die Professor*innen der Universität sind mit ihren Partner*innen herzlich zur Veranstaltung eingeladen!"
• Gender-Doppelpunkt: “Wir begrüßen recht herzlichen alle neuen Student:innen!“
Wenn der Gender-Gap, das Gender-Sternchen oder der Gender-Doppelpunkt bei Bezeichnungen im Singular verwendet werden soll, muss auch der Artikel beachtet werden. „Der*die Autor*in der Studie kommt ebenfalls zur Veranstaltung“ ist eine mögliche Variante. Da diese Schreibweise für den Lese- oder Sprechfluss jedoch ungünstig ist, empfehlen wir gegebenenfalls alternative Formulierungen zu verwenden, wie etwa: „Die Person, die die Studie verfasst hat, kommt ebenfalls zu der Veranstaltung.“
Aussprache der Kurzformen
Gendersensible Formulierungen mit dem Gendergap, Gendersternchen oder Genderdoppelpunkt können auch beim Aussprechen ausgedrückt werden, indem der sogenannte Glottislaut genutzt wird. Ein solcher Laut ist – auch, wenn die Bezeichnung eher unbekannt ist – fester Bestandteil unsere Sprache: Wenn Sie einmal „das Spiegel-Ei“ und „die Spiegelei“ (in einem Fenster) nacheinander aussprechen, nutzen Sie einen Glottisschlag vor dem „Ei“. Ebenso wie hier können Sie diesen Laut an der Stelle artikulieren, an der Sternchen, Gap oder der Doppelpunkt stehen.
Geschlechtsneutrale Formulierungen
Auf dem Weg zu einer gendersensibleren Sprache gibt es auch die Möglichkeit, spezielle gendersensible Formen zu umgehen und stattdessen oder ergänzend neutrale Formen zu verwenden. Diese Variante muss allerdings kritisch betrachtet werden, denn auch bei scheinbar neutralen Worten werden FINTA* nicht zwingend mitgedacht. Erste Studien verweisen darauf, dass auch bei einer neutralen Formulierung häufig in erster Linie an Männer* gedacht wird (vgl. Heise 2000). Trotzdem ist diese Methode dem „generischen“ Maskulinum vorzuziehen, weil sie gerade auch in Kombination mit anderen Formen des sensiblen Sprachgebrauchs deutlich machen kann, dass eine kritische Auseinandersetzung mit Sprache stattfindet und ermöglicht, alle Menschen anzusprechen und sprachlich miteinzubeziehen.
Anregungen und Beispiele: Geschlechtsneutrale Formulierungen
Anregungen und Beispiele: Geschlechtsneutrale Formulierungen
Personenbezeichnungen:
• Allgemein: Studierende, Interessierte, Mitglied, Beschäftigte, Hochschulangehörige, Promovierende
• Bei zusammengesetzten Begriffen: Studierendenwerk, Senatsmitglieder, Wahlleitung
• Kollektiv- und Institutsbezeichnungen: Präsidium, Dezernatsleitung
Unpersönliche Pronomina:
• alle statt (jeder)
• niemand statt (keiner)
• wer anstelle von Personennennung (zum Beispiel: "Wer unvorbereitet in eine Prüfung geht, wird vermutlich keine gute Leistung erzielen.“)
Passivformulierungen
("Besteht ein Student die Prüfung nicht, kann sie einmal wiederholt werden.")
• Geschlechtsneutrale Alternative: "Wird die Prüfung nicht bestanden, so kann sie einmal wiederholt werden."
Um geschlechtsspezifische Äußerungen zu vermeiden, können Partizipien und Adjektive oder ohnehin geschlechtsneutrale Bezeichnungen verwendet werden. Auch durch Passivformulierungen kann der Bezug zu einem Geschlecht vermieden werden.
Bei der grundsätzlich möglichen Verwendung unpersönlicher Pronomina kann es unter Umständen zu Problemen kommen, wie das folgende Beispiel zeigt: "Wer zu spät in eine Vorlesung geht, der verpasst die Einführung." So formuliert, könnte gelesen werden, dass nur männliche* Personen die Einführung verpassen. Besser wäre hier: "Wer zu spät in eine Vorlesung geht, verpasst die Einführung." Darüber hinaus wird teilweise kritisiert, dass auch unpersönliche Pronomina sich oftmals in ihrem Kern auf männlichen Personenbezeichnungen beziehen (niemand; wer). Daher sollten diese mit Vorsicht verwendet werden, wenn auf einen sehr sensiblen Umgang mit dem Thema Sprache und Geschlecht Wert gelegt wird.
Alternativen zu weiteren sprachlichen Geschlechterfestschreibungen
Neben der Diskriminierung durch das „generische“ Maskulinum gibt es noch weitere Formulierungen, die zumeist Geschlechterstereotype auf diskriminierende Art fortschreiben. Zumeist fallen uns solche auf den ersten Blick gar nicht auf. Dies betrifft vor allem zusammengesetzte Begriffe und feststehende Bezeichnungen, die Geschlechter mit negativen Eigenschaften belegen (zum Beispiel: das schwache Geschlecht) oder einen Bezug zum Geschlecht herstellen, wenn dies nicht notwendig ist (zum Beispiel: Muttersprache). An dieser Stelle möchten wir noch einmal auf den Absatz Warum gendersensibel sprechen? verweisen, in dem es darum geht, welche Macht Sprache im gesellschaftlichen Kontext hat/haben kann. Vor diesem Hintergrund ist es wünschenswert, dass die hier aufgeführten Begriffe im allgemeinen Sprachgebrauch vermieden beziehungsweise durch neutrale Begriffe ersetzt werden. Die folgende Auflistung soll daher zum Nachdenken anregen und zeigt einige der oben beschriebenen Begriffe sowie eine sprachliche Alternativen auf.
Alternativen zu weiteren sprachlichen Geschlechterfestschreibungen
Alternativen zu weiteren sprachlichen Geschlechterfestschreibungen
Diese Begriffe sollten keine Verwendung finden, da durch sie Geschlecht negativ bewertet wird:
• (Heulsuse)
• (Pantoffelheld)
• (das schwache Geschlecht)
Für folgende Begriffe haben wir geschlechtsneutrale Alternativen zusammengestellt:
• (Karrierefrau) → karriereorientiert
• (Brüderlichkeit) → Verbundenheit, Solidarität
• (Vater Staat) → je nach Kontext: Sozialstaat, Wohlfahrtsstaat, etc.
• (Not am Mann) → Notfallsituation
• (Milchmädchenrechnung) → Rechnung, die nicht aufgeht
• (Fachmännisch) → kompetent
• (Mannschaft) → Team
• (Mütterberatung) → Familienberatung
• (Muttersprache) → Erstsprache
• (Vaterland) → Ursprungsland/Geburtsland
• (Benutzerfreundlich) → nutzungsfreundlich
Berufsbezeichnungen
Ähnlich wie bei den zuvor dargestellten Begriffen verhält es sich mit bestimmten Berufsbezeichnungen, die ebenfalls diskriminierend sein können. So gab es beispielsweise lange Zeit kein Pendant zu Hebamme für Männer* und INTA* und im allgemeinen Sprachgebrauch wird eher von Erzieherinnen als von Erzieher*innen gesprochen. Dadurch werden Berufe stereotypisiert.
Beispiele für Berufsbezeichnungen
Beispiele für Berufsbezeichnungen
• Krankenschwester → (Gesundheits-) und Krankenpfleger*in
• Putzfrau → Reinigungskraft
Die abstrakte Nutzung von Personenbezeichnungen
Auch bei einigen abstrahierten Begriffen (zum Beispiel Arbeitgeber) wird üblicherweise das „generische“ Maskulinum genutzt. Da hier nicht auf konkrete Personen verwiesen wird, sondern auf eine losgelöste Funktion, ist eine Anpassung durch „-in“ bislang grammatikalisch nicht vorgesehen. Bei grammatikalisch korrekter Anwendung würde dann allerdings erneut ausschließlich das männliche Geschlecht bzw. Maskulinum sichtbar, was aus den bereits ausgeführten Gründen als kritisch zu betrachten ist. Deshalb raten wir entgegen dem sprachlichen Konsens zu einer Variante, bei der nicht nur Bezug zur maskulinen Form genommen wird. So kann beispielsweise auch das Femininum oder das Gendersternchen (Arbeitgeber*in) Verwendung finden:
Beispiele für abstrakte Personenbezeichnungen
Beispiele
• „Außerdem sollte mein*e Arbeitgeber*in in Zukunft auf eine gute Arbeitsatmosphäre Wert legen“ (Gendersternchen)
• "Die Universität als große Arbeitgeberin in der Region legt viel Wert auf Familienfreundlichkeit.“
Wird das abstrahierte Wort im Kontext mit einem anderen Wort genutzt, kann das grammatikalische Geschlecht dieses anderen Wortes übertragen werden, wie das zweite der oben aufgeführten Beispiele verdeutlicht.
Geschlechtersensible Sprache in wissenschaftlichen Arbeiten und akademischen Amtsbezeichnungen
Trotz einiger Veränderungen in den letzten Jahren ist es noch immer so, dass die Spitzenpositionen in Wissenschaft und Forschung von männlichen* Personen dominiert werden (vgl. GWK 2017). Auch in universitären Kontexten sollte daher ein genderbewusster Umgang mit Sprache Verwendung finden und dazu beitragen, stereotype Geschlechterrollen zu überdenken.
Aus diesem Grund empfehlen wir, eine der bereits erläuterten geschlechtersensiblen Schreibweisen in wissenschaftlichen Arbeiten zu gebrauchen. Ein Verweis am Anfang der Arbeit darauf, dass mit dem „generischen“ Maskulinum auch andere Geschlechter gemeint sind, reicht im Sinne der oben ausgeführten Argumentation nicht aus. Zudem müssen sich eben jene Arbeiten vor dem Hintergrund eines immer prominenter werdenden geschlechtersensiblen Sprachgebrauchs im Zweifel den Vorwurf der Ungenauigkeit gefallen lassen, denn selbst wenn das Maskulinum „generisch“ wäre, ist die Gruppe der Menschen eine äußerst heterogene, die auch nur als solche angemessen beschrieben/erforscht werden kann.
Darüber hinaus sollte in wissenschaftlichen Arbeiten, Publikationen oder Vorträgen insbesondere sichtbar gemacht werden, dass auch nichtmännliche Personen in der Forschung tätig sind. Dem kann - neben der Verwendung einer geschlechtersensiblen Sprache - beispielsweise Rechnung getragen werden, indem in Literaturverweisen und Quellenangaben die Vornamen der Personen, auf die verwiesen wird, genannt und dabei ausgeschrieben werden. Die Erfahrung zeigt, dass bei der Nennung ohne Vornamen oftmals automatisch von männlichen* Autoren ausgegangen wird, wo eigentlich FINTA* als Akteur*innen von Wissenschaft auftreten.
Außerdem raten wir zu einer geschlechtlichen Angleichung akademischer Amtsbezeichnungen, sodass weibliche Personen mit professoralem Status als Professorinnen (Abkürzung: Prof.in) bezeichnet werden und nicht-binäre Personen, die eine Professur besetzen, als Professor*in (Abkürzung: Prof.*in). Dies sollte parallel auch bei akademischen Graden Anwendung finden (zum Beispiel: Dr.in/Dr.*in oder Dipl.-Ing.in/Dipl.-Ing.*in).
Eine im Dezember 2021 veröffentliche rechtliche Expertise, verfasst von Prof.in Dr.in Ulrike Lembke und in Auftrag gegeben von der Stadt Hannover, kommt diesbezüglich zu dem Ergebnis, "dass die Verwendung geschlechtergerechter Sprache inklusive des Gendersterns keinen (negativen) Einfluss auf Wirksamkeit oder Verbindlichkeit von Verwaltungshandeln entfalten kann, sondern umgekehrt dessen Verfassungskonformität erhöht." Zur Zusammenfassung der wichtigsten Ergebnisse der Expertise gelangen Sie hier.
Geschlechtersensible Sprache in Hausarbeiten
Studierenden, die in schriftlichen Arbeiten geschlechtersensiblen Sprachgebrauch verwenden möchten, wird empfohlen, diese Entscheidung gegebenenfalls bereits im Vorhinein mit der lehrenden Person abzusprechen, um eventuellen Missverständnissen vorzubeugen.
Sollte aufgrund der (geplanten) Verwendung geschlechtergerechter Sprache ein Konflikt entstehen, steht das Gleichstellungsbüro Studierenden beratend/vermittelnd zur Seite. Wenden Sie sich gerne an die zuständige Ansprechpartnerin.
Geschlechtsneutrale Stellenausschreibungen
Auch Stellenausschreibungen sollten dem Anspruch gerecht werden, alle Menschen gleichermaßen anzusprechen. Die weiter oben aufgeführten Vorschläge bieten hierfür eine Vielzahl an Möglichkeiten. Beispiele für geschlechtsneutrale Formulierungen hat zum Beispiel der Duden in einem Artikel[1] zusammengefasst.
Geschlechtersensible Sprache in englischen Texten
Das Sprachenzentrum der Universität Osnabrück hat einen Leitfaden zu "gender-inclusive language" entwickelt, der einen Überblick zu geschlechtersensiblen Formulierungen auch in englischer Sprache bietet. Das Handout lässt sich unter folgendem Link (PDF, 578 kB) herunterladen.
Geschlechtergerechter & inklusiver Sprachgebrauch
Problemfeld: Screenreader
Der Anspruch geschlechtergerecht und inklusiv zu schreiben, kollidiert zurzeit noch an einer ganz spezifischen Schnittstelle. Screenreader lesen die Sonderzeichen auch als eben solche, zumindest den Gap und den Stern. Eine vermeintlich bessere Lösung soll der Doppelpunkt darstellen. Dieses Satzzeichen wird von Screenreadern teilweise ignoriert, was zur Folge hat, dass etwa „alle Student:innen“ in rein weiblicher Form vorgelesen wird, was wiederum irreführend exklusiv wirken kann. Einige Screenreader lesen an der Stelle des Doppelpunkts eine Pause, was der empfohlenen verbalen Umsetzung (Glottislaut) möglichst nahekommt.
Aus einer maximal inklusiven Perspektive ermöglichen, wie bereits weiter oben als Präferenz angeführt, neutrale Formulierungen ein höchstmögliches Maß an Verständlichkeit. Für Fälle, in denen eine andere geschlechtersensible Schreibweise zum Einsatz kommen muss, kann derzeit noch keine optimale Lösungen präsentiert werden.
Die im August veröffentlichte "Empfehlung zu gendergerechter, digital barrierefreier Sprache", die von der Überwachungsstelle des Bundes für Barrierefreiheit von Informationstechnik auf Basis einer selbst durchgeführten Studie ausgesprochen wurde, empfiehlt die Nutzung des Gender-Sternchens (Gender-Star). Dies tut sie jedoch nicht auf Basis des Ergebnisses der technischen Prüfung, denn diesbezüglich ergab der Vergleich mit dem Gender-Doppelpunkt folgendes: "Die technische Prüfung ergibt in der Barrierefreiheit keine Vorteile der typographischen Zeichen zueinander im Hinblick auf Wahrnehmbarkeit, Verständlichkeit und Bedienbarkeit. Allerdings zeigt "die Befragung der Selbstvertretungen der Menschen mit Behinderungen [...] eine signifikante Bevorzugung beim Gendern, in der Verwendung des Asterisks (= Gender-Star). Gendern mit dem Asterisk wird in den Dimensionen der Awareness, der Nutzer*innen-Akzeptanz und der Zugänglichkeit, als bedeutsam, barrierefreier und gebrauchstauglich gesehen." Link zur Studie der Überwachungsstelle des Bundes für Barrierefreiheit von Informationstechnik
Die im zweiten Absatz erwähnten positiven Veränderungen, die seit der letzten Homepagefassung 2017 eingetreten sind, zeigen, dass weder der Diskurs um geschlechtergerechte Sprache noch die Weiterentwicklung dieses Unterfangens mit dem Ziel der absoluten Barrierefreiheit stagniert. Auf Basis dieser Grundsätze wird in kommender Zeit sicherlich ein inklusiverer Lösungsansatz für diese Schwierigkeit gefunden werden.
Ihre Ansprechperson für einen gendersensiblen Sprachgebrauch an der Universität Osnabrück:
Annkatrin Kalas, M.A. (sie/ihr)
Tel.: +49 541 969 4520
annkatrin.kalas@uni-osnabrueck.de
Raum: 52/510
Gleichstellungsbüro
Neuer Graben 7/9
49074 Osnabrück
Sprechzeiten: nach Vereinbarung
Verweise und Literaturangaben
Die verwendete Literatur finden Sie hier:
• Epstein, Margit K. (2000): Sprache macht Geschlecht. Die Kategorien >>Mann<< und >>Frau<< in Texten zur Gleichstellungspolitik. Frankfurt/Main: Campus Verlag.
• Heise, Elke (2000): Sind Frauen mitgemeint? Eine empirische Untersuchung zum Verständnis des generischen Maskulinums und seiner Alternativen. In: Sprache und Kognition - Zeitschrift für Sprach- und Kognitionspsychologie und ihre Grenzgebiete 19(1/2), S. 3-13.
• Reiss, Kristina (2010): Linguistik: Von Feministischer Linguistik zu Genderbewusster Sprache. In: Handbuch Frauen- und Geschlechterforschung. Theorie, Methoden, Empirie. Hrsg. Becker, Ruth & Kortendiek, Beate. S. 750-755. Wiesbaden: VS Verlag für Sozialwissenschaften.
• Stahlberg, Dagmar & Sczesny, Sabine 2001: Effekte des generischen Maskulinums und alternativer Sprachformen auf den gedanklichen Einbezug von Frauen. In: Psychologische Rundschau 52(3), S. 131-140.
• Switzer, Jo Young (1990): „The Impact of Generic Word Choices: An Empirical Investigation of Age- and Sex-Related Differences.“ In: Sex Roles 22 (1/2), S. 69-82.
• Trömel-Plötz, Senta (2000): Sprache: Von Frauensprache zu frauengerechter Sprache. In: Handbuch Frauen- und Geschlechterforschung. Theorie, Methoden, Empirie. Hrsg. Becker, Ruth & Kortendiek, Beate. S. 756-759. Wiesbaden: VS Verlag für Sozialwissenschaften.
• Vervecken, Dries, & Hannover, Bettina (2015). Yes I can! Effects of gender fair job descriptions on children’s perceptions of job status, job difficulty, and vocational self-efficacy [Abstract]. Social Psychology, 46 (2), 76-92.