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Pressemeldung

Nr. 143 / 2015

08. Juni 2015 : »Ein genetischer Neuanfang«: Universität Osnabrück erforscht Anpassungsmechanismen des Hirtentäschelkrautes

Wie schafft es eine Art, sich in kurzer Zeit erfolgreich auszubreiten und zu etablieren? Wie entstehen neue Genotypen? Zeigen sich genetische Veränderungen in adaptiven Merkmalen? Das Projekt »Ein genetischer Neuanfang« an der Universität Osnabrück befasst sich mit diesen Fragen. Die Untersuchung des Hirtentäschelkrautes soll Informationen liefern, wie vorhandene pflanzliche Biodiversität mit den Problemen des globalen Wandels zurechtkommen könnte.

Das Projekt, unter der Leitung von apl. Prof. Dr. Barbara Neuffer vom Fachbereich Biologie/Chemie der Universität Osnabrück, wird zusammen mit dem Weigel-Labor des Max-Planck-Instituts für Entwicklungsgenetik in Tübingen durchgeführt und ist eingebettet in ein Schwerpunktprogramm der Deutschen Forschungsgemeinschaft mit dem Titel »Adaptomics – Evolutionäre Lösungskonzepte der Pflanzen auf ökologische Herausforderungen«.

Das Hirtentäschelkraut ist aller Wahrscheinlichkeit nach in Eurasien entstanden, hat sich über ganz Asien und mit der Ackerbauaktivität des Menschen über ganz Europa und den Mittelmeerraum verbreitet. Erst nach Kolumbus wurde das Hirtentäschelkraut in die Neue Welt (Nord- und Südamerika), nach Australien, Neuseeland, Südafrika und überallhin verbreitet, sodass es heute zu den häufigsten Blütenpflanzen weltweit gehört. »Wie schafft es eine Art, sich so erfolgreich in so kurzer Zeit auszubreiten und zu etablieren?«, so Neuffer zur Fragestellung des Projektes.  

Zum Untersuchungsvorgehen: In der Saatgutgenbank im Botanischen Garten lagert bei minus 20 Grad Celsius Saatgut von über 2000 Populationen aus der ganzen Welt von jeweils einem bis 25 Einzelindividuen. Im Rahmen des Projektes in diesem Jahr sollen 100 Populationen von Vancouver bis Patagonien mit sogenannten »New generation sequencing«-Methoden genotypisiert werden. Hierbei werden von ca. 500 Individuen genetische Fingerabdrücke gemacht. Weiterhin werden diese Populationen in einem großen Freilandversuch »phänotypisiert«: Samengröße, Keimstrategie, Blühbeginn, Pflanzengröße und Blattmorphologie werden katalogisiert.

Mit Hilfe der Massenspektrometrie sollen Pflanzeninhaltsstoffe identifiziert werden, die für den UV-Schutz verantwortlich sind. Letzteres ist vor allem in den äquatornahen Zonen und im Gebirge wichtig. Im nächsten Jahr soll dann der gleiche Versuch für eurasiatische Populationen von Ostasien bis Spanien durchgeführt werden. »Nun hoffen wir, die molekulargenetischen und phänotypischen Ergebnisse so vergleichen zu können, um Gene und Loci aufzuspüren, die für die Anpassung der Populationen an ihren jeweiligen Lebensraum verantwortlich sind. Welche Mutation hat beispielsweise den Frühblüher zu einem Spätblüher gemacht, oder aus einem großen buschigen Typ eine niederliegende, an das Mähen angepasste Rasenpflanze«, erklärt Neuffer. Hierfür müssen von einigen Individuen Referenzgenome vollständig durchsequenziert werden.

Neuffer erklärt zudem: »Zum anderen wollen wir auf molekulargenetischer Ebene herausfinden, ob in der neu besiedelten Region der Neuen Welt neue Genotypen entstanden sind, und ob die genetischen Veränderungen adaptive Merkmale betreffen.« Auf der Freiland-Versuchsfläche im Botanischen Garten der Universität wachsen 2.500 Pflanzen eingezäunt und von einem großen blauen Netz bedeckt, um vor Kaninchen, Hasen und Dohlen zu schützen. Dieses Projekt soll Informationen liefern, wie die vorhandene pflanzliche Biodiversität mit den Problemen des globalen Wandels zurechtkommen könnte.

Weitere Informationen für die Redaktionen:
apl. Prof. Dr. Barbara Neuffer, Universität Osnabrück
Fachbereich Biologie/Chemie
Barbarastraße 11, 49076 Osnabrück
Tel. 0541 969 2827
barbara.neuffer@biologie.uni-osnabrueck.de
http://www.home.uni-osnabrueck.de/bneuffer/