Hauptinhalt

Topinformationen

Pressemeldung

Nr. 224 / 2007

23. August 2007 : Universität Osnabrück erforscht Alternativen zu Tierversuchen - Gemeinschaftsprojekt mit industriellem Partner präsentiert sich auf Weltkongress zu Tierversuchsalternativen in Tokio

Der Vorsitzende der Senatskommission für tierexperimentelle Forschung der Deutschen Forschungsgemeinschaft, Prof. Dr. Gerhard Heldmaier, rechnet in den nächsten Jahren mit zehn Millionen zusätzlichen Tierversuchen in der EU. Das Team der Wissenschaftler um PD Dr. Thorsten Wolf aus dem Fachgebiet Pharmakologie und Toxikologie der Universität Osnabrück hat bereits 1997 ein Verfahren in einer internationalen Veröffentlichung vorgestellt, das Versuche mit angebrüteten Hühnereiern als Alternative zu Tierversuchen vorstellt.

Der Vorsitzende der Senatskommission für tierexperimentelle Forschung der Deutschen Forschungsgemeinschaft, Prof. Dr. Gerhard Heldmaier, rechnet in den nächsten Jahren mit zehn Millionen zusätzlichen Tierversuchen in der EU. Die Hauptursache dafür ist das neue EU-Chemikalienrecht REACH: Auf dem Europäischen Markt befinden sich derzeit ca. 30.000 so genannten Altstoffe mit einem jährlichen Produktions- oder Importvolumen von mehr als einer Tonne, für die noch keine Informationen zu ihrer Gefährlichkeit vorliegen. REACH verlangt die Schließung dieser Lücken, was einen hohen Anstieg toxikologischer Prüfungen im Tierversuch nach sich ziehen wird, weil nicht genügend geeignete Alternativen zur Verfügung stehen. Das Team der Wissenschaftler um PD Dr. Thorsten Wolf aus dem Fachgebiet Pharmakologie und Toxikologie der Universität Osnabrück hat bereits 1997 ein Verfahren in einer internationalen Veröffentlichung vorgestellt, das Versuche mit angebrüteten Hühnereiern als Alternative zu Tierversuchen vorstellt.

»Dieses Modell, der so genannte HET-MN (Hen´s Egg Test for Micronuclei Induction), hat den Vorteil, dass es der komplexen Situation des Organismus mit seinen entscheidenden Stoffwechselleistungen Rechnung trägt, ohne dabei mit ethischen oder rechtlichen Fragen des Tierschutzes zu kollidieren«, erklärt Wolf. Seit der damaligen Publikation wurde die Weiterentwicklung an der Universität Osnabrück vorangetrieben und in weiteren Publikationen dokumentiert. Dabei zeigte sich die Überlegenheit des Verfahrens gegenüber anderen: Die im HET-MN erzielten Ergebnisse stimmten wesentlich besser mit den Erfahrungen überein, die bei Tierversuchen gemacht wurden, als die der übrigen Alternativen.

Obwohl Wolf mittlerweile hauptberuflich für eine gesetzliche Krankenversicherung arbeitet, gelang es ihm parallel, das Verfahren stetig voranzutreiben. Diese Erfolge machte vor allem die Unterstützung seines alten Teams an der Universität Osnabrück möglich. Finanziert wurde das Projekt durch die an der Universität Osnabrück angesiedelte Josefine-Charlotte-Schiffer-Stiftung zur Förderung von Tierversuchsalternativen.

Mittlerweile hat der deutsche Konzern Henkel das Potential des Verfahrens erkannt und ist mit dem Fachgebiet eine Kooperation eingegangen. Das erste Ergebnis wird in diesem Monat der Fachöffentlichkeit auf dem Weltkongress zu Tierversuchsalternativen in Tokio präsentiert werden. »Wir möchten das Verfahren anwendungsorientiert weiterentwickeln, seine Belastbarkeit in Ringversuchen unter Beteiligung unterschiedlicher Laboratorien prüfen und hoffen schließlich, die behördliche Anerkennung zu erlangen«, so Wolf. Der Weg dahin ist allerdings sehr lang und beschwerlich, wie Prof. Dr. Dr. Niels-Peter Lüpke als Fachgebietsleiter aus eigener Erfahrung zu berichten weiß. Der von ihm 1987 entwickelte versuchstierfreie Augen- und Schleimhautreiztest am angebrüteten Hühnerei (HET-CAM) war die weltweit erste anerkannte Alternative zum schmerzhaften Tierversuch am Kaninchenauge. Zuvor wurden angebrütete Eier im Labor lediglich dazu verwendet, Impfstoffe, zum Beispiel gegen Grippe, für den Menschen zu produzieren.

Weitere Informationen

PD Dr. rer. nat. Thorsten Wolf, Universität Osnabrück,Fachbereich Humanwissenschaften,Fachgebiet Pharmakologie und Toxikologie,Albrechtstraße 28, 49076 Osnabrück;
twolf@uni-osnabrueck.de