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Pressemeldung

Nr. 226 / 2010

19. Juli 2010 : Ein wissenschaftlicher Lehrer mit vielen Interessen - Die Universität Osnabrück trauert um Prof. Dr. Reiner Niketta

Am 14. Juli, nur wenige Monate vor seiner Pensionierung, ist Prof. Dr. Reiner Niketta nach schwerer Krankheit gestorben. Der Professor für empirische Sozialforschung und Statistik und ihre wissenschaftstheoretischen Grundlagen am Fachbereich Sozialwissenschaften der Universität war bei Studierenden, Kollegen und Kollegen gleichermaßen äußerst beliebt. Seine fachliche Kompetenz, sein unermüdliches Engagement und seine kollegiale Verbindlichkeit werden dem Fachbereich fehlen.

Am 14. Juli, nur wenige Monate vor seiner Pensionierung, ist Prof. Dr. Reiner Niketta nach schwerer Krankheit gestorben. Der Professor für empirische Sozialforschung und Statistik und ihre wissenschaftstheoretischen Grundlagen am Fachbereich Sozialwissenschaften der Universität war bei Studierenden, Kollegen und Kollegen gleichermaßen äußerst beliebt. Seine fachliche Kompetenz, sein unermüdliches Engagement und seine kollegiale Verbindlichkeit werden dem Fachbereich fehlen.

Reiner Niketta, geboren 1945, studierte Soziologie mit dem Nebenfach Sozialpsychologie an den Universitäten Freiburg und Mannheim. 1971 schloss er sein Studium mit dem Grad des Diplom-Soziologen ab und arbeitete dann als Wissenschaftlicher Mitarbeiter bzw. Assistent an der Universität Saarbrücken, der Universität der Bundeswehr Hamburg sowie der Universität Bielefeld. 1979 promovierte er an der Universität Mannheim zum Doktor der Philosophie. 1988 wurde er im Fach Sozialpsychologie an der Fakultät für Soziologie der Universität Bielefeld habilitiert. Nach Professurvertretungen an den Universitäten Frankfurt am Main, Bielefeld und Osnabrück folgte er 1993 dem Ruf an die Universität Osnabrück.

In Osnabrück konzipierte Reiner Niketta als Leiter des Arbeitsbereichs Methoden der empirischen Sozialforschung die fächerübergreifende Methodenausbildung von Grund auf neu. Im Mittelpunkt stand dabei die möglichst frühe praktische Anwendung der statistischen Methoden in projektorientierten Lehrveranstaltungen, welche die Vermittlung der sozialwissenschaftlichen Statistik und die Einübung des Gebrauchs statistischer Software mit der Durchführung kleinerer empirischer Forschungsprojekte verknüpfen. Mit dieser Art der Vermittlung statistischer Methodenkenntnisse gelang es ihm, viele der Studierenden für die empirische Forschung zu begeistern. Davon zeugen auch die Beiträge in einer unter dem Titel »Was kann der Mittelwert dafür, dass er so attraktiv ist« kürzlich erschienenen kleinen Festschrift für Reiner Niketta, in deren Zentrum studentische Arbeiten stehen, die im Rahmen dieser projektorientierten Methodenausbildung entstanden sind.

In besonderem Maße setzte der Wissenschaftler sich für den Einsatz neuer Technologien in der Lehre ein, von denen er in seinen eigenen Lehrveranstaltungen regen Gebrauch machte. Im Fachbereich Sozialwissenschaften richtete er das Sowi-Lab mit PC-Arbeitsplätzen für die Studierenden ein. Ebenso war er am Aufbau des zentralen CIP-Pools beteiligt. Darüber hinaus engagierte sich Reiner Niketta auf allen Ebenen der universitären Selbstverwaltung. Unter anderem wirkte er von 1997 bis 1998 als Dekan am Fachbereich Sozialwissenschaften, war Mitglied des Senats, der Medienkommission der Universität und anderer Ausschüsse bzw. Kommissionen sowie langjähriger Vorsitzender des Promotionsausschusses und des Prüfungsamtes am Fachbereich.

Seine Forschungsschwerpunkte konzentrierten sich vor allem auf die Hochschulforschung, die Untersuchung von Bedingungen und Effekten interpersonaler Attraktivität, von Terrorismus und seinen Folgen sowie die Sozialpsychologie der Ästhetik. Eine nicht nur wissenschaftlich motivierte, sondern auch enge persönliche Affinität verband Reiner Niketta mit der Sozialpsychologie der Ästhetik. Über ein besonderes rezeptives Interesse an Musik und Filmkunst hinaus war er selbst ein begabter Rockmusiker, der zwischen 1970 und 1972 als Bassist, Keyboarder und Sänger mit seiner Gruppe »Coupla Prog« mehrere Male im Studio U1 des Südwestfunks in Baden-Baden zu Gast war, um dort insgesamt 12 Einzeltitel und die Pop-Oper »Edmondo Lopez« zu produzieren.

Vor der Wahl zwischen künstlerischer und wissenschaftlicher Karriere stehend, entschied sich Reiner Niketta – zum Glück für die Universität Osnabrück, den Fachbereich Sozialwissenschaften und seine Studierenden – für die Wissenschaft. Die Lehre bot ihm dabei Ersatz für die Bühne. Einmal gefragt, ob es nicht sehr anstrengend sei, vor 300 Studierenden die Vorlesung zur »Einführung in die Methoden der empirischen Sozialforschung« zu halten, soll er dies mit der Bemerkung verneint haben, er müsse sich nur vorstellen, dass er sich in einem Rock-Konzert befinde.

In seinen Forschungsarbeiten hat die Leidenschaft für die Rock- und Pop-Musik tiefe Spuren hinterlassen: In den Jahren von 1991 bis zu seiner Berufung an die Universität Osnabrück hatte Reiner Niketta die wissenschaftliche Leitung des Forschungsprojektes »Populärmusik in Deutschland. Soziologische und infrastrukturelle Zusammenhänge einer Musikkultur« am Zentrum für Musik und Kommunikationstechnologien, Wuppertal, inne, aus dem eine Reihe von Publikationen hervorgingen. Reiner Niketta macht damit die musikalische Subkultur, der er sich selbst zurechnete, zum Forschungsgegenstand. Die Studie kann insofern gelesen werden als Ausdruck der vollzogenen Identitätstransformation vom potentiellen Berufsmusiker zum Sozialwissenschaftler, die hier gleichsam im Modus methodisch-distanzierter Selbstbeobachtung dokumentiert wird.

Weitere Informationen

Dekanin Prof. Dr. Andrea Lenschow, Universität Osnabrück
Fachbereich Sozialwissenschaften
Seminarstraße 33, 49069 Osnabrück
Tel: +49 541 969 4611
andrea.lenschow@uni-osnabrueck.de