Hauptinhalt

Topinformationen

Pressemeldung

Nr. 26 / 1999

04. März 1999 : Werden Sprachprobleme bei Migranten aus dem Herkunftsland "importiert"? - Volkswagen-Stiftung fördert mit 700.000 dreijähriges Forschungsprojekt an der Uni Osnabrück

"Sprachprobleme spielen bei der Zuwanderung eine entscheidende Rolle. Sie haben Einfluß auf die Beurteilung von Integrationschancen oder die Zuordnung der Migranten zu Fördermaßnahmen", sagt der Sprachwissenschaftler Prof. Dr. Utz Maas (Universität Osnabrück). Daher komme der Frage nach den Ursachen von sprachlichen Schwierigkeiten auch in der Migrationsforschung eine Schlüsselrolle zu. In einem dreijährigen Projekt, das von der Volkswagen-Stiftung mit insgesamt 700.000 DM gefördert wird, untersucht Prof. Maas "Schriftkulturelle Ressourcen und Barrieren bei marokkanischen Kindern in Deutschland".

Wie Statistiken zeigen, besuchen Kinder aus der noch jungen, aber schnell wachsenden Gruppe der Marokka-ner in der Bundesrepublik sehr selten das Gymnasium, sind aber überdurchschnittlich häufig in der Sonderschule zu finden. Im Vergleich zu anderen Gruppen mit ähnlichen kulturellen und religiösen Bindungen falle dieses Verhältnis noch ungünstiger aus, so Prof. Maas. Seine These: In der Ursachenforschung müssen neben der sozialen und familiären Ausgangslage auch sprachliche Faktoren wie der Erwerb der Schriftkultur berücksichtigt werden. Gerade die Kenntnisse und Fähigkeiten im Umgang mit der Schriftsprache haben eine entscheidende Bedeutung für den Schulerfolg – und sie stehen bei den Migrantenkindern häufig in einem auffälligen Gegensatz zu ihren zum Teil "beeindruckenden Sprachfähigkeiten im Mündlichen", so Prof. Maas. Der Wissenschaftler, der am Osnabrücker Fachbereich Sprach- und Literaturwissenschaft lehrt und forscht: "Wie in der Migration generell geht es hier um die Frage, ob bestimmte Erscheinungen aus dem Herkunftsland importiert werden oder ob sie eine Reaktion auf die Verhältnisse im Zuwanderungsland sind."

Erste Untersuchungen wie die Dissertation des Projektmitarbeiters Dr. Ulrich Mehlem haben gezeigt, daß die Schwierigkeiten marokkanischer Kinder beim Erlernen der deutschen Schriftsprache mit der Mehrsprachigkeit Marokkos zusammenhängen. Viele der in Deutschland lebenden Marokkaner sprechen nicht das marokkanische Arabisch, sondern eine Variante des Berberischen. Zudem unterscheidet sich das gesprochene Arabisch deutlich von der offiziellen Schriftsprache Marokkos, dem Hocharabischen. Darüber hinaus erfordern viele Alltagssituationen auch Französisch- oder Spanischkenntnisse. Nun soll in dem mehrsprachig angelegten Osnabrücker Forschungsprojekt erstmals systematisch untersucht werden, wie sich diese sprachlichen Verhältnisse auf die hier lebenden marokkanischen Kinder auswirken. "Erst wenn derartige Faktoren geklärt sind, kann etwa der Förderunterricht sinnvoll strukturiert werden", so Prof. Maas.

Weitere Informationen in den Beiträgen des Instituts für Migrationsforschung und Interkulturelle Studien (IMIS) der Universität Osnabrück (Heft 11).

Kontaktadresse:
Dr. Ulrich Mehlem, Universität Osnabrück
Fachbereich Sprach- und Literaturwissenschaft
Neuer Graben 40, 49069 Osnabrück
Tel. (0541) 969-4015, Fax (0541) 969-4256