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Pressemeldung

Nr. 101 / 1998

26. Juni 1998 : Kempner-Ausstellung: "Ewige Wachsamkeit ist der Preis der Freiheit" - Universitätsbibliothek Osnabrück zeigt Dokumente zu Leben und Werk von Robert Kempner

Er verkörpert ein ungewöhnliches Juristenleben, kämpfte früh gegen Hitler und die NSDAP, wurde von den Nationalsozialisten verhaftet, mußte ins Ausland fliehen, spielte nach Kriegsende eine wichtige Rolle bei den Nürnberger Prozessen und setzte sich auch in der Folgezeit für die Bestrafung der Täter aus der NS-Zeit ein: Mit dem Leben und Werk Robert Kempners (1899 - 1993), der 1986 mit der Ehrendoktorwürde der Universität Osnabrück ausgezeichnet wurde, beschäftigt sich jetzt eine Ausstellung mit dem Titel "Ewige Wachsamkeit ist der Preis der Freiheit", die die Universitätsbibliothek Osnabrück vom 1. bis 31. Juli 1998 zeigt. Die Ausstellung im Foyer der Bibliothek (Alte Münze/Kamp) greift die Lebensstationen Kempners auf und zeigt auf mehr als 35 Wandtafeln mit erläuternden Dokumenten dessen persönliches und berufliches Umfeld vor dem Hintergrund der historischen Ereignisse am Ende der Weimarer Republik, während des Dritten Reiches und im Nachkriegsdeutschland. Dabei gehe es nicht zuletzt darum, die Person Kempners in seiner Funktion als "Ankläger einer Epoche" nahezubringen, so der Direktor der Universitätsbibliothek, Dr. Eilhard Cordes. Durch die enge Kooperation mit dem Bundesarchiv in Koblenz, das erst vor kurzem den Nachlaß von Kempner übernommen hat, wird in der Ausstellung auch Mobiliar aus seinem Arbeitszimmer sowie ein Teil seiner Privatbibliothek zu sehen sein.

Robert Kempner wuchs als Sohn jüdischer Wissenschaftler in Berlin-Lichterfelde auf. Nach dem Studium in Freiburg war er zunächst in Berlin als Staatsanwalt tätig und wechselte 1928 ins Preußische Innenministerium, das in diesen Jahren ein herausragendes Bollwerk gegen den aufkommenden Nationalsozialismus war. Kempner engagierte sich im Republikanischen Richterbund und bemühte sich, Hitler wegen Hochverrats vor Gericht zu stellen und die NSDAP verbieten zu lassen. 1933 wurde Kempner "wegen politischer Unzuverlässigkeit in Tateinheit mit fortgesetztem Judentum" aus dem Staatsdienst entlassen und 1935 verhaftet. Nach internationalem Protesten freigelassen, floh er zunächst nach Italien und ging dann wenig später nach Amerika ins Exil, wo er seinen Kampf gegen den Nationalsozialismus in Deutschland fortsetzte.

Als Stellvertreter des amerikanischen Chefanklägers Jackson spielte Kempner 1945/46 eine wichtige Rolle bei den Nürnberger Prozessen. Er war es, der das "Wannsee-Protokoll" mit dem Beschluß der "Endlösung der Judenfrage" aufspürte und aufgrund seiner vertieften Kenntnisse auch in den zwölf Nachfolgeprozessen die Anklage wirkungsvoll unterstützen bzw. erfolgreich führen konnte. Kempner blieb in Deutschland und ließ sich 1951 als Rechtsanwalt in Frankfurt nieder. In zahlreichen Prozessen kämpfte er fortan weiter für die Bestrafung der Täter aus der NS-Zeit und für die Entschädigung der Opfer. 1984 wurde Robert Kempner für sein Lebenswerk - neben zahlreichen anderen Ehrungen - mit dem Großen Bundesverdienstkreuz ausgezeichnet. Die Universität Osnabrück würdigte ihn 1986 mit der Verleihung der Ehrendoktorwürde als "einen Mann, der sich stets kompromißlos gegen das Unrecht gestellt und die politische Kultur in der Bundesrepublik Deutschland aktiv mitgeprägt hat".

Die Ausstellung wird am Mittwoch, 1. Juli 1998, um 18 Uhr im Foyer der Bibliothek eröffnet. Zur Bergrüßung spricht der Vizepräsident der Universität Osnabrück, Prof. Dr. Gunnar Borstel. Den Einführungsvortrag hält Dr. Hans-Jürgen Döscher, der als Lehrbeauftragter am Fachbereich Kultur- und Geowissenschaften tätig ist. Dr. Döscher hat sich als Autor der Bücher "Reichskristallnacht: die November-Progrome 1938" (1990), "SS und Auswärtiges Amt im Dritten Reich" (1991) und "Verschworene Gesellschaft: das Auswärtige Amt unter Adenauer" (1995) insbesondere auch mit der Rolle des NS-Anklägers Robert Kempner eingehend wissenschaftlich auseinandergesetzt. Die Ausstellung, die ursprünglich von der Kempner-Arbeitsgemeinschaft des Adolf Reichwein-Gymnasiums in Heusenstamm bei Offenbach konzipiert wurde und nun in erweiterter Form gezeigt wird, ist jeweils montags bis freitags von 9 bis 22 Uhr und sonnabends von 9 bis 16 Uhr zu sehen.