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Pressemeldung

Nr. 22 / 1997

03. März 1997 : Das Buchfinkenmännchen singt: "Bin ich nicht ein schöner Bräutigam?" - Osnabrücker Wissenschaftler hat mit 20.000 Aufnahmen Vogelstimmen aus aller Welt dokumentiert

"Bin ich nicht ein schöner Bräutigam?" - "Du Dummkopf, du du." Was sich anhört wie das Gespräch eine jungen Brautpaares kurz vor der Hochzeit, hat in Wahrheit einen vogelkundlichen Hintergrund: Bei dem kurzen Dialog handelt es sich um Merksätze, mit denen sich die "Stimmen" von Vögeln leichter erfassen lassen. Der "schöne Bräutigam" steht für den Schlag eines Buchfinkenmännchens, der "Dummkopf" ahmt den Gesang einer Ringeltaube nach. Diese Hilfskonstruktion macht durchaus Sinn, wie der Osnabrücker Biologe Prof. Dr. Hans-Heiner Bergmann erläutert: Allein in Europa existieren rund 400 Vogelarten. Sie weisen nicht nur verschiedene Gesänge auf, sondern haben jeweils auch noch mehrere Rufe für unterschiedliche Zwecke, etwa um Alarm zu geben. "Wer all dies unterscheiden will, braucht außerordentlich viel Übung", sagt der Wissenschaftler, der am Fachbereich Biologie/Chemie der Universität Osnabrück lehrt und forscht. Mit mehreren Hörfunksendungen bieten Prof. Bergmann und seine Kollegin Dr. Birgit ten Thoren nun auch interessierten Laien die Möglichkeit, sich mit der Kunst der Vogelstimmenkunde vertraut zu machen.

Prof. Bergmann und Dr. ten Thoren haben für den Norddeutschen Rundfunk eine Reihe von 25 Kurzsendungen zusammengestellt, bei denen jeweils der Gesang einer heimischen Vogelart eingespielt und außerdem von den Experten erläutert wird. Erster Sendetermin: NDR 1, 17. März 1997, 16.20 Uhr. Wiederholt wird der Beitrag zwischen 20.05 und 21 Uhr in der Sendung "Funkbilder aus Niedersachsen".

Prof. Bergmann beschäftigt sich bereits seit seiner Studienzeit mit Vogelstimmen. 1965 ging er erstmals mit einem Tonbandgerät auf die Pirsch, um den Gesang der gefiederten Zeitgenossen aufzunehmen. Inzwischen hat er auf über 250 Bändern rund 20.000 Aufnahmen von Vogelstimmen archiviert. Dazu reiste der Wissenschaftler quer durch Europa und besuchte unter anderem auch die Kanarischen Inseln, den Kaukasus und Sibirien. Dabei ist es, so Prof. Bergmann, durchaus kein leichtes Unterfangen, Vogelstimmen in freier Wild-bahn ungestört aufzunehmen. Wichtigster Bestandteil seiner Ausrüstung ist - neben der Geduld und einer gehörigen Portion Glück - ein Parabolreflektor, der den Schall der Vogelstimmen sammelt und auf das Mikrofon reflektiert. Die große, grün angemalte "Schüssel" hat Prof. Bergmann im Ausland allerdings schon einige Male die Begegnung mit Polizei und Militär eingebracht: Der Wissenschaftler wurde mehrfach kontrolliert oder gar verhaftet. Sobald in der Wachstube aber liebliche Vogelstimmen aus dem Tonbandgerät erklangen, wich das Mißtrauen "lebhaftfreundlichem Interesse", wie Prof. Bergmann sagt. "Richtig eingesperrt worden bin ich noch nie."

Ähnlich begeistert von dem vielfältigen Gezwitscher der Vögel ist auch Birgit ten Thoren, die von Prof. Bergmann ausgebildet wurde und auch bei Prof. Dr. Konrad Lorenz Verhaltensbiologie studierte. Ihr besonderes Forschungsthema war die Graugans. Wissenschaftlich untersuchte sie dabei die Stimmentwicklung und kam zu dem verblüffenden Schluß, daß auch kleine Gänse wie die Menschenkinder einen Stimmbruch bekommen. Inzwischen arbeitet die Biologin freiberuflich in der eigenen Firma. Die Vogelstimmkurse bietet sie auch in Einrichtungen wie der Volkshochschule oder beim Naturschutzbund an.

Kontaktadresse:

Prof. Dr. Hans-Heiner Bergmann
Universität Osnabrück, Fachbereich Biologie/Chemie
Barbarastraße 11, 49069 Osnabrück
Tel. (0541) 969-2845, Fax (0541) 969-2870

Dr. Birgit ten Thoren
Lindenstraße 33, 49191 Belm
Tel. (05406) 7040, Fax (05406) 7056